Tropus

Tropus
Tro|pus 〈m.; -, Tro|pen〉
1. 〈urspr.〉 Erweiterung der Melodie od. des Textes im gregorian. Kirchengesang
2. 〈dann〉 Erweiterung des Textes der Liturgie
[<grch. tropos „Drehung, Wendung; Weise; Melodie“]

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Tro|pus, der; -, Tropen:
1. [lat. tropus < griech. trópos = Wendung, Richtung; Art u. Weise] Trope.
2. [mlat. tropus < spätlat. tropus = Gesang(sweise)] (mittelalterl. Musik)
a) Kirchentonart;
b) textliche [u. musikalische] Ausschmückung, Erweiterung liturgischer Gesänge.

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Tropus
 
[spätlateinisch »Gesang(sweise)«] der, -/...pen,  
 1) Musik: aus der antiken Tradition in die mittelalterliche Musiklehre übernommene Bezeichnung, die mit Kirchentonart (auch Modus oder Tonus) gleichbedeutend ist. Daneben findet sich die Bezeichnung Tropus bei frühmittelalterlichen Dichtern und Schriftstellern in der Bedeutung von Gesang und Gesangsweise. Unter Tropus wird heute im engeren Sinn die seit dem 9. Jahrhundert in der abendländischen Liturgie bezeugte textliche (Textierung von Melismen) oder textliche und musikalische Erweiterung eines liturgischen Gesangs durch vorangestellte, eingeschaltete oder angehängte Zusätze bezeichnet. Diese Erweiterungen finden sich sowohl beim Ordinarium als auch beim Proprium Missae sowie bei Antiphonen und Responsorien des Offiziums (besonders 3., 6. und 9. Responsorium der Matutin). Als Eigenform des Tropus kann, wenigstens in ihren Anfängen, die Sequenz 4) angesehen werden. Die Entstehung des Tropus wird in der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts in westfränkischen Klöstern angenommen. Ein Zentrum seiner Pflege war Saint-Martial in Limoges. Noch im 9. Jahrhundert gelangte er nach Sankt Gallen, von wo aus er sich v. a. mit Neuschöpfungen von Tutilo (✝ 913) im gesamten deutschsprachigen Gebiet ausbreitete. Nach ursprünglich kürzeren Texteinschüben gewannen v. a. die vorangestellten und angehängten Tropen eine zunehmende Ausdehnung und wurden mit der Einführung von Versmaß und Reim ein eigener Zweig mittelalterlicher Dichtung. Diente der Tropus zunächst dazu, die liturgischen Gesänge in ihrer Aussage deutlicher an den jeweiligen Festgedanken zu binden, so führte er bald ein Eigenleben und überwucherte die ursprüngliche Liturgie. Während die Tropen zum Proprium Missae im 12./13. Jahrhundert wieder außer Gebrauch kamen, erhielten sich die anderen teilweise bis in das 16. Jahrhundert und wurden schließlich durch das Konzil von Trient verboten. Die besondere geschichtliche Bedeutung des Tropus liegt darin, dass er zum Ausgangspunkt mehrerer dichterischen und musikalischen Formen des Mittelalters wurde, z. B. von Motette und geistlichem Spiel, das mit dem dialogisierenden Ostertropus »Quem queritis in sepulchro« (Osterspiel) seinen Anfang nahm.
 
 
H. Husmann: Tropen- u. Sequenz-Hss. (1964);
 E. Costa: Tropes et séquences dans le cadre de la vie liturgique au moyen âge (Rom 1979);
 W. Arlt: Zur Interpretation der T., in: Forum musicologicum, Bd. 3 (Bern 1982);
 
Research on tropes, hg. v. G. Iversen (Stockholm 1983);
 
Liturg. T. (1985);
 Bernhold Schmid: Der Gloria-T. Spiritus et alme bis zur Mitte des 15. Jh., 2 Bde. (1988).
 
 2) Rhetorik: Tropen.
 

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Tro|pus, der; -, Tropen [1: lat. tropus < griech. trópos = Wendung, Richtung; Art u. Weise; 2: mlat. tropus < spätlat. tropus = Gesang(sweise)]: 1. Trope. 2. (mittelalterl. Musik) a) Kirchentonart; b) textliche [u. musikalische] Ausschmückung, Erweiterung liturgischer Gesänge.

Universal-Lexikon. 2012.

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